Ist er es oder ist er es nicht? Ein schönes Bild, das bei Sotheby`s angeboten wurde, doch ohne Name. Dabei stammt es aus Museumsbesitz, hat eine phantastische Provenienz und ist sogar signiert mit „Jan van Huysum, 1740“. Also, was stimmt hier nicht? Unter folgender Beschreibung war es zum Verkauf angeboten:

DUTCH SCHOOL, CIRCA 1750-1800 | STILL LIFE OF FLOWERS IN A TERRACOTTA VASE ON A MARBLE LEDGE
HOLLÄNDISCHE SCHULE, CIRCA 1750-1800 | STILL-LEBEN MIT BLUMEN IN EINER TERAKOTTA-VASE AUF EINER MARMORBASIS

Wann kriegt man schon einmal ein Bild aus Museumsbesitz zum Kauf? In den U.S.A. ist das möglich. Es stammt von einer der renommiertesten Galerien in New York, der Knoedler Gallery, die es an Privat verkaufte. 1938 wurde es dann dem San Diego Art Museum geschenkt. Wahrscheinlich dachte der Stifter es als ewiges Andenken dort untergebracht zu haben. Nach 80 Jahren jedoch entschied sich das Museum es nicht mehr haben zu wollen. Und so landete es schließlich beim Auktionshaus Sotheby`s.

Die Literatur zu dem Bild ist nicht schlecht, zumindest was Sotheby`s angibt: Es ist bereits seit über einem halben Jahrhundert als ein Werk von Jan van Huysum bekannt und taucht unter seinem Namen im Werksverzeichnis aus dem Jahre 1954 auf. Natürlich wurde es in der Folge auch in den Katalogen des Museums als solches geführt. Erst 2006 wurde das Bild dem Bruder des Malers, Jakob von Huysums, zugeschrieben und damit war es mit dem Renommee vorbei.

Eigentlich schade, denn die Qualität spricht eigentlich für die Zuschreibung an Jan van Huysum. Angefangen vom Aufbau des Bildes mit Rosen und Anemonen im unter Drittel bis hin zu den wunderbaren Mohnblumen, die sich hoch oben aus der Terrakotta-Vase räkeln und noch nicht ganz aufgeblüht sind. Beieindruckend auch der Realismus des Bildes, in dem jedes Ding, jede Pflanze und jedes Tier bis ins Detail genau beschrieben wird. Selbst die durchsichtig erscheinenden Wassertropfen sind unglaublich detailliert und realistisch beschrieben. Ein Paradestück für jedes Museum.

Doch gibt es auch berechtigte Zweifel: So etwa die verschämt angebrachte Signatur, die in anderen Bildern des Künstlers sonst nicht zu übersehen ist und prominent zur Schau gestellt wird. Sie wurde gerne gefälscht, da Huysums Werke im 18. Jh. sehr begeehrt waren. Begehrter sogar als Rembrandt, denn Katharina die Große hat einmal beträchtlich mehr dafür bezahlt. Den musste man, wenn man Geld hatte, einfach haben! Und dann ist da noch etwas, auf das man so nicht kommen würde: die ungewöhnlichen Maße des Bildes. Diese nehmen für viele von Huysums Gemälde ungefähr 60 auf 80cm ein, hier sind es allerdings 41 auf 32 cm. Dies mag nun nicht gerade nach einem Ausschlußkriterium klingen, doch sind solche Beobachtungen wichtig, um zu einem fundierten Urteil zu kommen. Warum sollte der Künstler von seinem gewohnten Standardformat derart abweichen?

Der wichtigste und alles entscheidende Grund von allen ist allerdings die Abschreibung des Bildes durch Sam Segal, einem seit Jahrzehnten tätigen Autorität auf dem Gebiet für holländische Blumenstücke, der eben Jans Bruder Jakob ins Spiel brachte.

Allerdings wird das Bild nicht unter dem Namen Jakob van Huysum in der Auktion angeboten; warum eigentlich? Nun, das Problem liegt darin, dass gar nicht so viele Bilder von ihm bekannt sind. Jakob hat sich vielmehr durch ein Katalogwerk mit Namens Catalogus Plantarum einen Namen gemacht, in dem er einzelne Pflanzen genau beobachtet wiedergibt. So wirken dann auch einige seiner Blumenstilleben: Eben wie Pflanzen, die genau beobachtet aber wie zufällig nebeneinander in eine Vase gesteckt worden sind.

Vielleicht kann ja Sam Seagal hier mehr Aufklärung bieten. Immerhin hat er in einem reich bebilderten Ausstellungskatalog, der zugleich ein aktualisiertes Werksverzeichnis über den Maler darstellt, über das Bild geschrieben. Schlägt man besagten Katalog auf (De verleiding van Flora, Zwolle 2006, S.24), kann man lesen, dass eine „unbestimmte Anzahl“ Bilder Jan van Huysum zugeschrieben werden, die aber eigentlich sein Bruder Jacob gemalt habe. In gerade mal einem Satz wird auf das Bild im Museum in San Diego eingegangen und dieses als Beispiel für eine solche Kopie herangezogen. Andere Kopien werden nicht erwähnt. Nicht gerade viel um diese These zu untermauern. Ansonsten kann man auch nicht mehr über das Bild erfahren. Schade, denn ein Werkskatalog wäre eigentlich der richtige Ort dafür gewesen, doch in gleichzeitiger Kombination mit einem Ausstellungskatalog ist dies eine etwas seltsame Kombi geworden.

Sotheby`s hat sich das wohl auch gedacht und sich einer Stellungnahme enthalten. Kein erklärender Text ist zu dem Bild zu finden um es etwa besser zu verkaufen. So ist es dem potientiellen Käufer überlassen, was er daraus machen will. Bei einem vorsichtigen Schätzpreis von $ 8000-12.000 ist das weit von einem Jan van Huysum entfernt, aber ein durchaus angemessener Preis für einen Jacob van Huysum.

P.S.: Am 11.06.2020 wurde das Bild für $40.000 zugeschlagen. Das ist zwar preislich kein Jacob mehr, doch auch noch einiges von einem Jan entfernt. Allerdings wäre es geradezu ein Schnäppchenpreis falls sich eines Tages herausstellen sollte, dass das Bild vielleicht doch ein Jan van Huysum sein könnte. Bei der Zuschreibung an ihn ist bestimmt noch nicht das letzte Wort gesprochen. Aber das soll jeder für sich selber entscheiden; mich jedenfalls hat das Bild von seiner Qualität her überzeugt und ich wünsche dem neuen Besitzer viel Freude damit.