Stilkritik besteht darin Werke miteinander zu vergleichen um damit hoffentlich einen Treffer zu landen. Und dabei ist man bei vorliegendem Bild recht nah dran gekommen – aber eben doch vorbei; so geschehen bei Schlosser in Bamberg:

Betende Maria, Florentiner Meister des 17. Jahrhunderts - Bild 1 aus 2

Abbildung; Schlosser Auktionen, Bamberg

Los 41

Betende Maria Florentiner Meister des 17. Jahrhunderts Öl/Lwd. 30,5 x 24,5 cm. –

Das Andachtsbild steht ganz in der Tradition des Giovanni Battista Salvi (gen. Il Sassoferrato).

 

 

Die Komposition ist tatsächlich nach Florenz zu verorten und sie wurde auch im 17.Jahrhundert entwickelt. Allerdings ist der Autor dieses Werkes Carlo Dolci und dieser steht nun so gar nicht „in der Tradition des Giovanni Battista Salvi„.

Dolcis Bild war so beliebt, daß es häufig kopiert wurde und der Künstler selbst weitere Repliken davon anfertigte. Der Typ Madonna, der dargestellt ist, nennt sich übrigens „Mater Dolorosa„, also die „Schmerzensreiche Madonna„. Eine Version von Dolcis Hand hat es sogar bis nach Tokio in das National Museum of Western Art geschafft:

 

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/d/de/Carlo_Dolci_-_Mater_Dolorosa_-_Google_Art_Project.jpg/497px-Carlo_Dolci_-_Mater_Dolorosa_-_Google_Art_Project.jpg?20140624164745

Abbildung: Wikimedia commons / Tokio, National Museum of Western Art

 

Zwar haben Carlo Dolci (Florenz 1616 – ebd.1686)  und Giovanni Battista Salvi, genannt Il Sassoferrato (Sassoferrato 1609 – Rom 1685) zur gleichen Zeit gelebt. Allerdings gehören sie ganz verschiedenen Malerschulen an. Während Dolci in Florenz geboren wurde und dort auch verstarb, ist Sassoferrato nur zufällig in der Toskana geboren. Seine Ausbildung fand in den Marken und in Rom statt, wobei er sich Anleihen am Werk von Guido Reni holte – und dieser stammte aus Bologna. Man merkt schon: Hier hat man beim Auktionshaus wohl Äpfel mit Birnen verglichen.

 

Nun mag es für uns, die nicht in Italien leben, nicht weiter schlimm sein, wenn man mal zwei Malerschulen zusammenwürfelt. Kann ja jedem mal passieren. Insbesondere wenn das Ergebnis ja irgendwie gleich aussieht. Denn beide haben ja schließlich Madonnenbilder produziert, deren Aussehen wir heute als „süsslich“ bezeichnen würden. In Italien allerdings hört bei solchen Dingen der Spaß auf. In Italien sind die regionalen Malerschulen Quelle von lokalpatriotischem Stolz!

 

Ich habe das mal selbst erlebt: Meine Magisterarbeit hatte ich über einen Maler aus dem Veneto geschrieben. Als nun plötzlich für meine Dissertation Florenz in den Fokus meines Interesses rückte, musste sich mein Doktorvater bei seinen Kollegen in Italien anhören, daß man doch nicht einfach so von einer Malerschule zur nächsten wechseln könne; nach dem Motto: Schuster, bleib bei deinen Leisten! Also: Ganz arg uffbasse in Italien wenn es da um Kunst geht! Da kann man schnell mal ins Fettnäpfchen treten!