Er ist und bleibt ein Dauerbrenner: Raffael; viel geliebt und oft kopiert. Und das nicht nur in Italien, auch wenn die Beschreibung des Bildes etwas anderes suggeriert, welches bei Das Auktionshaus Pforzheim zum Aufruf gekommen ist:

 

Bild: Das Auktionshaus Pforzheim

 

Italienische Schule
um 1600, Die Heilige Familie, Maria und Joseph, hinter einer Brüstung stehend, vor ihnen liegt das Jesuskind, das nach dem zarten Schleier greift, den Maria über ihn hält, im Hintergrund schwere Draperie, meisterhafte Details wie das lebendige Inkarnat und der plastische Faltenwurf, unten rechts ein Wappen mit Helmzier, Öl/Lw., restaur, H. 127, B. 97, Ra.

 

Vorbild für das Bild ist die sog. Madonna del Velo, also die Madonna mit dem Schleier; höchstwahrscheinlich befindet sich das Original des Bildes heute im Musée Condé in Chantilly, nicht weit von Paris entfernt. Möglicherweise aber auch nicht, denn mit Bildern von Raffael ist das immer so eine Sache welches jetzt nun das Original ist. Seine Werkstatt hat einfach zu gut gearbeitet, daß man Kopie und Vorlage nur schwer, ja fast gar nicht voneinander unterscheiden kann.  Jedoch ist das hier nicht das Thema und daher das Bild aus dem Musée Condé:

 

Bild: Wikimedia commons

 

 

 

Nun fand die Darstellung – wie könnte es anders sein – auch durch ein Stich von Georgio Ghisi Verbreitung. Gestochen wurde er 1575, also über 50 Jahre nach dem Tod Raffaels 1520. Dabei hat sich Ghisi ein paar künstlerische Freiheiten genommen, die auch in dem Bild in Pforzheim zu sehen sind:

 

 

Bild: The Metropolitain Museum of Art, Bequest of Phyllis Massar, 2011

 

So trägt die Madonna recht deutlich einen Schleier. Das Haar von Joseph ist eindeutig gelockt und nicht nur angedeutet wie bei dem Vorbild. Da der Stich von der Darstellung her ein wenig unbeholfen wirkt, blieb auch dem Kopisten nichts anders übrig als diese „Ungelenkigkeit“ der Madonna ins Bild umzusetzen. Und da Farbabstufungen oder das „Sfumato“ eines Bildes in einem Stich durchaus auf der Strecke bleiben können, wirkt das ganze jetzt ein wenig „steril“.

 

Doch warum nun flämisch? Nun, eine ähnliche Kopie ist bereits seit Jahren bekannt und befindet sich im Museo del Palazzo Bianco in Genua. Sie wird dort auch unter dieser Bezeichnung geführt:

 

Bild: Wikimedia commons

Ohne Zweifel erweckt die hölzerne Art der Madonna den Eindruck ebenfalls nach dem Stich entstanden zu sein. Das das Bild flämisch sein könnte, hängt damit zusammen, dass die Art und Weise der Darstellung mit den gelängten Figuren und den extrem geschlitzten Augen beispielsweise an Bartholomäus Spranger erinnert, den ich an anderer Stelle in diesem Blog behandelt habe. Dieser stammt aus Flandern, auch wenn er seine künstlerische Karriere in Prag hatte.  Somit ist es gar nicht mal so abwegig von dem Pforzheimer Bildnis von einer Darstellung mit „flämischen Einschlag“ zu sprechen, dessen Entstehung jenseits der Alpen durchaus im Bereich des Möglichen liegt. Genaueres würde man wohl herauskriegen, wenn man das Wappen mit in einem Namen in Verbindung bringen könnte. Doch bin ich nun mal kein Heraldiker.