Es ist immer ein Glücksfall wenn man ein Bild mit einer historischen Quelle in Verbindung bringen kann. Im vorliegenden Fall ist diese in Form eines Briefes sogar eingerahmt beigegeben:
ECOLE FRANCAISE du milieu du XVIIIème s. Portrait de Louis-Antoine de Gontaut, Duc de Biron. Maréchal de France Huile sur toile. 80 x 65 cm (écaillures, petits manques, rentoilée)
FRANZÖSISCHE SCHULE; Mitte des 18. JH. Portrait des Louis-Antoine de Gontaut, Duc de Biron. Marschall von Frankreich, Öl auf Leinwand, 80 x 65 cm (Abplatzungen, kleine Fehlstellen, doubliert)
On joint une lettre autographe signée de Louis Antoine de Gontaut, Duc de BIRON, Maréchal de France „Le Mal Duc de Biron“ (1701 à 1788) à „Mlle La marquise de Gironde“ du 7 octobre 1779 lui annonçant l’envoi de son portrait. „J’ai fait porter, Madame, mon portrait, bien encaissé à la messagerie de Bergerac. On a assuré qu’il partirait sûrement vendredy prochain. Vous ne pouvez pas plus douter du plaisir que j’ai à vous l’envoyer, que du respectueux attachement avec lequel j’ai l’honneur d’être, Madame, votre très humble et très obéissant serviteur. Le Maréchal duc de Biron“
Beigegeben ist ein eigenhändig verfasster und signierter Brief von Louis Antoine de Gontaut, Duc de BIRON, Marschall von Frankreich (1701 – 1788) an Mlle La Marquise de Gironde vom 7. Oktober 1779 indem er ihr die Versendung seines Portraits ankündigt. „Ich habe mein Portrait, Madame, gut eingepackt an die Poststation nach Bergerac verschicken lassen. Man hat mir versichert, daß es dort bestimmt am kommenden Donnerstag ankommen wird. Sie können kaum glauben mit welcher Freude ich es Ihnen zuschicke außer mit meiner hochachtungsvollen Anhänglichkeit mit der ich die Ehre habe, Madame, ihr sehr bescheidener und untertäniger Diener zu sein. Der Marschall Duc de Biron“
Tja, das waren noch Zeiten in der die Abschlussformel eines Briefes mehr Zeilen in Anspruch genommen hat als der eigentliche Brief. Leider haben wir derartige umständlichen und schwülstigen Verabschiedungsformeln leider abgelegt und beschränken uns heute ja nur noch auf das Nötigste – und das auch nicht immer. Sei es wie es sei: Ein Brief, ein Datum, ein Name; fehlt nur noch der Künstler des Gemäldes, aber der ist ehrlich gesagt gar nicht einmal so wichtig, da die Geschichte um das Gemälde herum schon so gut ist, daß es eines Autors nicht mehr bedarf.
Während der Lebenslauf der Empfängerin im dunkeln bleibt, hat der Dargestellte da schon mehr Glück gehabt. Er stammt aus einer Familie, die nicht weniger als vier französische Marschälle hervorgebracht hat, sprich: Das Kriegshandwerk war der Familie Gontaut-Biron in die Wiege gelegt. Die Karriere von Louis Antoine war allerdings außergewöhnlich erfolgreich und brachte ihm nicht nur die Marschallwürde ein sondern auch die Mitgliedschaft in manch elitären Orden. So weist das blaue Band, das Cordon bleu, auf die Mitgliedschaft im höchsten Ritterorden Frankreichs und zwar des Ordens vom Heiligen Geist hin. Der am roten Band getragene Orden ist der für militärische Verdienste verliehene Ordre royal et militaire de Saint-Louis, welchen er im Range eines Ritters 1735 erhalten hatte.
Selbstverständlich möchte man einen derartigen Erfolg eben auch für alle deutlich zur Schau stellen. Kaum überraschend daher, daß de Biron eine Pose wählt, die man eben von mächtigen Männern her kennt. Zwar ist der Marschallstab nicht sichtbar, doch der ausgestreckte Arm hält zweifellos einen solchen fest. Damit ist er in guter Gesellschaft, denn das Bild orientiert sich an so großartigen Vorbildern wie Ludwig XIV im Krönungsornat von Hyacinthe Rigaud. Wahrscheinlich aber hat Louis Antoine aber ein anderes Vorbild vor Augen gehabt und zwar dasjenige seines Vaters:
Dargestellt ist Charles Armand de Gontaut-Biron. Das Bild stammt von Nicolas de Largillière und befindet sich heute im Museum of Fine Arts of Boston. Zwar hatte auch der Vater von Louis Antoine als Militär Karriere bis zum Marschall und Pair von Frankreich gemacht, doch war diese nicht derart beeindruckend wie die seines Sohnes. Dafür hatte aber Charles Armand mit Largillière den weitaus besseren Maler ausgesucht, der die Würde und den Erfolg dieses Mannes in Szene zu setzen verstand.
Louis Antoine hat bei der Wahl seines Portraitisten da schon weniger geschick bewiesen, doch wollte er offensichtlich an das Vorbild seines Vaters anknüpfen. Daher weisen beide Dargestellten in etwa die gleiche herrschaflich-kriegerische Pose vor dem Hintergrund einer nicht näher zu bestimmenden Landschaft auf. Zwar ist das hier besprochene Bild von Louis Antoine lediglich eine Kopie nach einem Vorbild und somit nur ein schwacher Abglanz einer schwachen Vorlage, doch reicht es aus die kompositorischen Schwächen zu Largillière aufzuzeigen. Man beachte nur einmal wie dieser meisterlich gekonnt es schafft die vom Betrachter aus rechte Hand von Charles Armand mit einem Handschuh und einer geschickten Faltenlegung des Innenstoffes des sehr beeindruckend wirkenden Löwenfelles zu verdecken. Dies hat gute Gründe: Charles Armand hatte bei einer Schlacht seinen Arm verloren. Diese körperliche Benachteiligung hat Largillière hier auf hervorragende Art und Weise kaschiert und zwar so, daß es nicht einmal auffällt. Leider hat der Autor in Louis Antoine Portrait etwas ähnliches versucht und dessen Hand komplett mit einem nicht näher zu definierenden Faltenberg einfach mal abgedeckt, was eher recht plump wirkt. Auch hatte der Portraitist nicht ganz genau gewußt, wie er das Cordon Bleu, also die blaue Schärpe, über die Rüstung des Feldmarschalls führen sollte. Zwar liegt es straff über seinem Brustpanzer, rollt sich aber dann am unteren Ende seltsamerweise wie das Ende einer Schriftrolle ein. Und so wirkt es dann auch. Leider ist es bei der Kopie zu Verlusten der Malerei gekommen; so sollte eigentlich im Bildrand unten links eine Schlachtenszene mit Reitern angedeutet sein, die nun leider fehlt.
Interessanterweise ist aber der Orden vom hl. Louis am roten Band zu sehen, der im Original nicht vorkommt. Somit hatte wohl der Herzog darauf bestanden, daß der Kopist es unbedingt einfügt, was zeigt welche Wertschätzung er diesem Portrait entgegengebracht hat. Was aber auffällt ist, daß er knapp 80 gewesen sein muß, als er sein Bild versandte. Da es sich nicht um ein Altersbild handelt, wollte er sich der Empfängerin des Bildes von seiner besten Seite – sprich als er noch in Saft und Kraft stand – präsentieren. Vielleicht ist es ja gerade dieser eitle Zug sich jünger zu präsentieren als man tatsächlich ist, die einen unbekannten Maler dazu veranlasste, den Herzog als eitlen Pfau darzustellen: