König Friedrich I von Württemberg galt als cholerisch, leicht aufbrausend und authoritär; als Herrscher hat er bis heute einen ziemlich schlechten Ruf. Vielleicht liegt es daran, daß das Auktionshaus Bolland & Marotz dann doch lieber nicht mit ihm hausieren gehen wollte, als man folgendes Bild anbot:

Bild: Auktionshaus Bolland & Marotz

Anonymer Porträtist des 19. Jh. Repräsentatives Bildnis eines Adeligen in
königlich-württembergischen Diensten. Öl/Lwd., unsign., 73 x 60 cm, verso 2 Flicken doubl., rest., ger. 82,5 x 70 cm.- Vermutlich handelt es sich bei dem Dargestellten um Freiherr Viktor Romuald Heinrich Hardt von Wellenstein (1796-1862), königlich württembergischer Kammerherr u. Major im Ehreninvalidencorps, u.a. Träger des königl.-württem. Militär-Verdinstordens (Kreuzstern) und Ordens der Krone (Bruststern) sowie des Dienst-Ehrenzeichens der Offiziere. Provenienz: Aus Adelsbesitz der Familie Hardt von Wöllenstein

Zwar besticht das Bild nicht durch seine künstlerische Qualität, doch ist der „repräsentative Adlige“ zweifelsohne kein Freiherr sonder der erste württembergischer König höchstperönlich. 1806 zum König durch Napoleons Gnaden erhoben, starb Friedrich 1816. Zeit genug sich in diversen Medien der damaligen Epoche verewigen zu lassen, wie dieser zeitgenössische Kupferstich demonstriert:

Bild: Österreichische Nationalbibliothek

 

Interessanterweise ist das Ölbild später entstanden als der Kupferstich. Und zwar erst nach dem Tod König Friedrich I. Dazu gibt es ein kleines, aber alles entscheidendes Detail: In fast allen Darstellungen ist Friedrich mit zwei seiner Orden an der Brust zu sehen. Einer davon ist in Form eines Kreuzes gehalten. Dieser Kreuzstern trägt das Monogram „FR“ für Friedrich. Im hier abgebildeten Stich ist dies leider nur zu erahnen, auf anderen Bildern aber deutlicher zu sehen. Schaut man sich hingegen das Ölbild genauer an, dann prangt auf dem Kreuzstern aber das Monogram „W“. Es steht für den Nachfolger von Friedrich und zwar für Wilhelm I, der von 1816 bis 1864 regierte. Diese Daten würden auch besser auf den Besitzer des Bildes passen, also den im Katalogtext erwähnten Freiherr Viktor Romuald Heinrich Hardt von Wöllenstein (1796-1862). Möglicherweise ließ er aus enger Verbindung zum Hause Württemberg eben dieses Bild anfertigen. Möglicherweise diente sogar der hier abgebildete Kupferstich als Vorlage. Denn dies würde hervorragend erklären warum der Hintergrund des Bildes so schmucklos (beispielsweise keine Krone, um den Dargestellten näher zu charakterisieren) geblieben und in gräulichen Tönen gehalten ist.

Das Bild wurde übrigens zum Ausrufpreis von 300 Euro am 26.09.2020 in der Auktion an einen Bieter zugeschlagen. Eigentlich gar nicht mal so viel, wenn man bedenkt, daß der Wert des Bildes nicht in seiner künstlerischen Ausführung, sondern in seiner gut dokumentierten Provenienz bis hin zum Auftraggeber des Bildes liegt. Das können nun wirklich nur wenige Bilder von sich behaupten.