Eine Frau, vier Kinder und ein Orden. Mehr braucht es manchmal nicht um sich und seine Überzeugungen repräsentativ darstellen zu lassen. Doch hier erst einmal die Beschreibung des Bildes, welches vor kurzem in einer Auktion im französischen Atlantikstädtchen Saintes für 800 € zum Ausruf kam:

Bild: SVV GEOFFROY BEQUET ENCHÈRES

Ecole Française, début XIXe siècle. Portrait de famille. Représentant l épouse et 4 enfants de Monsieur Dieres-Monplaisir (1785-1832), trésorier de la marine à Rochefort. Huile sur toile, non signée. (Rentoilage). 65 x 53,5 cm.

Französische Schule, Anfang 19. Jh., Familienportrait; dargestellt sind die Ehefrau und die vier Kinder von Herrn Dieres-Monplaisir (1785-1832), Finanzaufseher des Marinearsenals von Rochefort. Öl auf Leinwand, nicht signiert. (Doubliert). 65 x 53,5 cm. 

 

Ein entzückende Darstellung: eine Frau im Kreise ihrer lieben Kleinen. Vier kleine Kinder, die eng um sie herum gruppiert sind. Dass es sich um eine verheiratete Frau handelt, ist unschwer zu erkennen; schließlich ist sie „unter der Haube“.

 

Die Initimität der Darstellung mit der vermeintlichen Konzentration auf Häuslichkeit und Kinderkriegen lässt auf eine Epoche schließen, die wir in Deutschland als das „Biedermeier“ kennen. Eine Epoche, die in Frankreich ähnlich negativ konnotiert ist und zwar mit dem Ausdruck „Restauration“. Mit Restauration ist die Herstellung eines ursprünglichen Zustandes gemeint und das war ab 1814 die Wiederaufrichtung der Monarchie unter Ludwig XIII bis zu deren Fall in der Julirevolution 1830.

 

Doch der scheinbare Frieden im Bild trügt. Auch wenn ein „enger, aber schöner Kreis der Häuslichkeit“, wie sich ein Schriftsteller sich einmal ausgedrückt hat, dargestellt ist, so sind die Dargestellten alles andere als „gut bürgerlich“.

 

Der Katalogtext nennt zwar nicht explizit die Namen der Portraitieren, wie man das wohl hätte erwarten können. Stattdessen wird nur der Name des Ehemannes genannt: Joseph DIÈRES-MONPLAISIR 1785-1832. Das reicht aber schon aus, den Rest der Famlie zu identifizieren; dem Internet sei dank. Und so lautet der Namen der Ehefrau Marguerit Rambeaux (1788 – 1865), die zusammen mit Théophile, Marie Adèle, Alexis und Georges, wobei letzterer 1813 geboren wurde, dargestellt ist.

 

Interessanterweise ist der Ehemann von Marguerit ebenfalls in dem Bild präsent, auch wenn er nicht dargestellt ist. So halten zwei der lieben Kleinen, wobei einer davon der jüngste Georges ist, einen Orden zwischen ihren ausgestreckten Händchen.  Er zeigt das königliche Wappen Frankreichs: An einem hellgrün-weißen Band ist eine Krone mit der fleur-de-lis befestigt. Damit handelt es sich um eine royalistische Familie, die ihre Gesinnung stolz zur Schau stellt.

 

Joseph Dières-Monplaisir ist Finanzaufseher des Marinearsenals von Rochefort. Diese Position hatte nicht nur er Inne, sondern bereits eine ansehnliche Reihe seiner Vorfahren, so daß es sich hier um eine vererbte Position zu handeln scheint. Somit sind er und seine Vorfahren stets treue Diener der französischen Krone gewesen.

 

Nun ist Rochefort, am Atlantik gelegen, nicht irgendeine Stadt in der französischen Provinz. Es war die wichtigste Marienbasis Frankreichs des 17. bis in die Mitte des 19. Jh. Ludwig XIV höchstpersönlich ließ sie zum Marinestützpunkt ausbauen und beauftragte dazu seinen Hofarchitekten Francois Blondel die Pläne zu liefern, um hier Kriegsschiffe bauen zu lassen. So war man eine Stadt, die der königlicher Aufsicht unterstellt war. Als Finanzaufseher war man damit direkt Paris verantwortlich. Eine wahrhaft herausgehobene Position also. Wie stolz Rochefort darauf gewesen sein muß, zeigt der unten abgebildete Stich von 1776, der in der Beschriftung mittig das königliche Wappen trägt:

 

Nach der Französischen Revolution und der Wiederherrstellung der Monarchie ist es für Ludwig XVIII wichtig zuverlässige Leute zu finden, die sein Regime unterstützen. Die Dières-Monplaisir haben im Dienen für diverse Könige wohl Erfahrung und sind so wohl die richtige Familie um die  „Decoration de Lys“, verliehen zu bekommen. So soll der Lilien-Orden Personen an die immer noch auf wackeligen Füßen stehende Monarchie binden. Ursprünglich nur für die königliche Garde National von Paris vorgesehen, findet er rasch Verbreitung im ganzen Land. Um bei der Flut von Orden noch den Überblick zu behalten, wird eine Unterscheidung für die Verleihung nach Département eingeführt. Das hellgrüne – weiße Band des Ordens steht dafür für das Département Tarn et Garonne, wie man aus der unten aufgeführten Liste entnehmen kann:

 

 

Dieser Umstand muß überraschen, denn die Dières-Monplaisir sind seit Generationen schon in und um Rochefort ansässig. Warum sie dann den Orden nicht für das Départment Charente, in dem Rochefort ja liegt, verliehen bekommen haben, sondern für das Départment Lot et Garonne, entzieht sich meiner Kenntnis.