Manchmal findet man zu einem Altmeistergeemälde partout keinen passenden Namen. Dann bleibt die Zuschreibung wage oder man erfindet einen Meister mit Notnamen, wie etwa bei dem „Meister von Meßkirch“, der in der Stadt gleichen Namens sein Hauptwerk in Form eines Altarretabels hinterlassen hat, oder dem „Meister der Kress Landschaften“, benannt nach dem Sammler Samuel H. Kress.

 

Will man einen Meister mit Notnamen aus der Taufe heben, brauch man auf alle Fälle eine ausreichende Anzahl von Bildern. Ansonsten glaubt man das in der Fachwelt nicht unbedingt. Es ist eher ungewöhnlich, daß ein Auktionshaus sich dieser Aufgabe animmt, denn schließlich muß man dazu zeitaufwendige Studien betreiben. Und Zeit ist etwas, was ein Auktionshaus eigentlich in der Regel nicht hat. Doch anscheinend hat Schuler Auktionen in Zürich sich dieser schweren Aufgabe gestellt und herausgekommen ist ein Meister mit neuem Notnamen, der jetzt der Kunstwelt präsentiert wird. Doch leider ist der Katalogtext ein wenig spärlich ausgefallen:

 

Los 3200

Meister der Natività di Fiesole

(aktiv in Florenz, ca. 2.H. des 15.Jhs.)
Maria mit Kind. Tempera auf Holz. 32×22,5 cm, 40×30,5 cm (mit Rahmen)

 

Bild: Schuler Auktionen, Zürich

 

Unglücklicherweise existiert dieser Maler nur mit diesem, jetzt auf der Auktion angebotenen Bild. Dazu benötigt man gar nicht so sehr viel um dies herauszufinden: Es reicht einfach nur einmal Tante Google zu fragen. Ein wenig dünn um einen neuen Meister aus der Taufe zu heben. Irgendetwas ist da wohl bei der kunsthistorischen Einordnung des Bildes falsch gelaufen. Tatsächlich hat man aus zwei eins gemacht, sprich hinter der Beschreibung stecken zwei Meister mit unterschiedlichen Notnamen die jetzt zu einem umbenannt wurden. Doch fangen wir mal mit der Rückseite des Gemäldes an:

 

Bild: Schuler Auktionen Zürich

 

Auf einem kleinen Zettel sind Fillipino Lippi und Botticini vermerkt. Damit ist eine grobe Richtung in der Zuschreibung vorgegeben, denn Filipino Lippi malte gerne die Anbetung des Kindes mit der Maria wobei welches fast nackt auf dem Boden liegt. Auch die leicht geschlitzen Augen der Madonna kommen bei ihm vor. Allerdings ist der Rest des Bildes dann qualitätsmäßig ein wenig schwach und einer der Vorbesitzer des Bildes hat deswegen auch lieber an Francesco Botticini als Maler gedacht, der in der Tradition von Filippino malte. Aber auch hier war jemand wohl nicht so ganz überzeugt davon, so daß er das Bild an die Schule dieses Maler verweist. Das macht die Sache auch nicht leichter, denn damit ist das heitere Karusell der Zuschreibungen eröffnet.

 

Und hier kommt unser frisch erkürter Meister mit Notnamen Natività di Fiesole ins Spiel: Da steckt zum einen der Meister der Natività di Castello, also der Geburt Christi von Castello, drin. Dieser  ist nach einem Altarbild gleichen Namens benannt. Kaum überraschend wird auch hier das Kind auf dem Boden ohne seine Krippe dargestellt. Da dieser Meister im Umkreis von Filippino Lippi zu suchen ist, ist auch hier ein Treffer zu verzeichnen.

Zum anderen ist da noch zweite Teil des Names, der in Fiesole endet. Sieht man mal davon ab, daß es sich bei Fiesole um eine traumhaft in den Bergen vor Florenz gelegenen Stadt handelt, gibt es dort in der ehemaligen Franziskanerkirche eine Darstellung mit der Erscheinung des Herren, die das Hauptwerkt des Meisters der Epifania di Fiesole ist. Es erübrigt sich zu beschreiben wie wohl das Jesuskind dargestellt wird: Richtig geraten – liegend auf der Erde. Wo sich dieser Meister stilistisch verorten lässt, ist nicht gesichert. Seine Anregungen soll er sich bei Francesco Botticini geholt haben, wo wir wieder beim Thema wären. Als motivischer Hinweis auf Botticini macht sich ganz hervorragend der Strahlenkranz von dem das Kind vollständig umgeben ist.

 

Bei so viel Beliebigkeit ist es natürlich schwer einen Namen zu finden und dabei sind es doch gerade die kleinen Dinge, die den Unterschied ausmachen: Mit der Natività ist die Geburt Chrisit gemeint, die allgemein hin auf den 25. Dezember fällt, während es bei der Epiphanie sich um die Anbetung des Christuskindes durch die Heiligen Drei Könige handelt. Dieses Fest fällt auf den 06. Januar. Kleiner Unterschied und doch große Wirkung!

 

P.S.: Das Bild wurde bei einem Ausruf von 7000 CHF für stolze 13.000 CHF zugeschlagen. Mal sehen, was der neue Eigentümer aus der Zuschreibung macht!