Das Auktionshaus Hampel in München wartet in seiner kommenden Dezember-Auktion mit über 380 Altmeistergemälden auf. Eine beeindruckende Anzahl. Aber damit hat es sich schon, denn viele der Zuschreibungen kann man – gelinde gesagt – als sportlich bezeichnen. Dies gilt beispielsweise für ein vermeintliches Spitzenlos; ein Bild, das einem der größten Maler Frankreichs – und zwar Jacques-Louis David – zugeschrieben wird. Der Titel des Bildes lautet: Belisar bittet um Almosen.

 

David ist der wichtigste Maler der Stilrichtung des Klassizismus, ja man kann sogar sagen er habe ihn erfunden. Er soll um die 400 Schüler gehabt haben, die natürlich dafür sorgten, dass seine Ideen weitergetragen wurden. Seine Bilder haben (Kunst)Geschichte geschrieben, wie etwa der Tod des Marat, ein Bild, das in keiner Abhandlung über die Französische Revolution fehlen darf. Seine Bilder haben das Publikum elektrisiert, waren Stadtgespräch. Napoleon hat ihn zu seinem „Hofmaler“ gemacht und damit das Bild von sich und seiner Epoche geprägt.

 

Langer Rede kurzer Sinn: Ein Bild von Jaques Louis-David in einem deutschen Auktionshaus zu versteigern käme einer kleinen Sensation gleich. Es wären nicht nur ein paar Kunsthistoriker davon entzückt, sondern es wäre ein Ereignis das deutschlandweit in der Presse Wellen schlagen würde. Doch ist das bisher nicht geschehen. Und das völlig zu Recht. Vielleicht liegt es ja einfach an der überaus optimistischen Zuschreibung des Bildes an den Künstler:

 

Bild: Hampel-Auktionen

 

281 Jacques-Louis David, 1748 Paris – 1825 Brüssel

LE BÉLISAIRE Öl auf Leinwand. 43 x 55 cm; Katalogpreis € 460.000 – 600.000

Das Gemälde steht in engem Zusammenhang mit dem Gemälde Bélisaire demandant l’aumône von Jacques-Louis David im Palais des Beaux-Arts in Lille, das 1780/1781 entstand und 1781 im Salon ausgestellt wurde; eine Kopie dieses Gemäldes befindet sich im Louvre, Paris. (…) Hier sehen wir also ein Gemälde, das einen kleineren Ausschnitt des legendären Geschehens wählt und sich auf den Kern der Geschichte beschränkt. Statt der Architektur wird ein tonaler Hintergrund gewählt, der Einfluss Caravaggios ist eindeutig zu sehen.

 

Das Gemälde auf das hier verwiesen wird, sieht allerdings etwas anders aus und man kann sich fragen, wie man hier auf einen „engen Zusammenhang“ gekommen ist:

 

Bild: Palais der Schönen Künste Lille

 

Zugegeben: Auf beiden Bildern ist ein alter Mann mit ausgestrecktem Arm und einem Jüngling abgebildet. Damit hören die Gemeinsamkeiten aber auch schon auf.

 

Jaques Louis David ist Klassizist, d.h. er hat sich an den alten Griechen und Römern orientiert. Zwar gibt es aus dieser Zeit keine überlieferten Gemälde, doch studierte David in Rom klassische Reliefs. Diese heben sich plastisch von ihrem Hintergrund ab, wobei Licht und Schatten nur eine untergeordnete Rolle spielen. Und das ist bei dem Hampel Bild ja nun wahrlich nicht der Fall, wo beide Figuren durch eine Lichtquelle erhellt werden. Auch darf man sich ernsthaft fragen, was an dem Bild bitteschön klassizstisch sein soll.

 

Zwar beruft man sich bei Hampel auf Carvaggio, den David tatsächlich studiert hat, doch hat er diesen vielmehr für seinen krassen Realismus geschätzt. Im Bild aus Lille können wir noch etwas von der einst mächtigen und gewaltätigen Gestalt des Heerführers Belisarius erahnen, insbesondere wie er mit seinen muskulösen Armen den Jungen umfasst. Im Hampel-Bild haben wir es eher mit einem gutmütigen Onkel zu tun, dem böses Widerfahren ist und der nun demütig den Kopf senkt.

 

Anscheinend hat auch Hampel trotzt vorliegendem Gutachten bei dem Bild so seine Zweifel. Insbesondere wenn kein Gutachten vorliegt und somit der Ansatzpreis bei „nur“ 400.000 – 600.000 Euro liegt. Ein Schnäppchen wenn man bedenkt, dass man ansonsten für ein Bild des Meisters einen Betrag im Millionenbereich hinblättern muss, was uns erneut zu der Erkenntins bringt: Man muss dem Kind nur einen Namen geben und hoffen, daß irgendeiner darauf reinfällt.