Kulturgutschutz – klingt gut, bringt aber nichts

Wenn Sie bisher geglaubt haben der Kulturgüterschutz sei dazu da wichtiges Kulturgut aus Deutschland vor der Abwanderung ins Ausland zu bewahren, dann muss ich Sie enttäuschen. So kann man auf der Internetseite des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien dazu folgendes lesen:

Nur dasjenige Kulturgut kann als national wertvoll angesehen werden, das besonders bedeutsam und identitätsstiftend für die Kultur Deutschlands ist. Keineswegs ist jedes Kulturgut von hoher geschichtlicher, künstlerischer oder wissenschaftlicher Bedeutung damit unter diesen besonderen Individualschutz zu stellen. (1)

Oder um es einfach gesagt auszudrücken: Mann kann zwar etwas schützen, muss aber nicht sein.  Dies gilt vor allem für Kulturgut in Privatbesitz, welches mehr oder minder auf freiwilliger Basis verzeichnet wird.

Zwar ist genau geregelt, wann die Prüfung auf Kulturgüterschutz greift um es vor Abwanderung ins Ausland zu bewahren, doch sind die Hürden dafür mehr als großzügig bemessen: Wird ein Kulturgegenstand verkauft, dann wird es erst interessant wenn es über 50 Jahre alt ist ( 75 wenn er außerhalb der EU geht) und einen Wert von € 300.000 aufweist          (€ 150.000 wenn es in das nicht EU-Ausland geht).

Und darum war es auch nicht nötig eines der wichtigsten Werke des Bologneser Malers Carlo Cignani, welches sich seit seiner Entstehung vor 340 Jahren im Besitz der Fürsten von Schaumburg-Lippe befand, für Deutschland zu sichern bevor es 2023 im Ausland bei Christie`s verkauft wurde:

Photo: Christie’s

Carlo Cignani

CHRISTIE`S
PROPERTY OF A NOBLE FAMILY

CARLO CIGNANI (BOLOGNA 1628-1719 FORLÌ)

Christ appearing to Mary Magdalen and Martha

(174 x 120 cm)

 

Nun gut, kann man sagen: So wild ist es doch nicht. Es handelt sich ja schließlich nur um ein Bild. Allerdings handelt es sich um ein Bild, welches 1685 direkt in der Werkstatt des Künstlers erworben wurde und sich seitdem am gleichen Ort befunden hat: auf Schloß Bückeburg der Grafen von Schaumburg-Lippe.

Der Verkauf

Erstmals im Jahre 2019 bei Christie’s angeboten, fand es trotz seiner Provenienz keinen Käufer, der bereit war GPB 150.000 – 250.000 auszugeben. Da das Vereinigte Königreich 2019 gerade noch Mitglied der EU war, war auch nicht die Meldegrenze zur Ausfuhr von € 300.000 erreicht worden. Allerdings fand es damals keinen Käufer. Erst vier Jahre später gelangte es 2023 ein weiteres Mal zur Auktion und zwar wieder bei Christie’s. Dieses Mal war es für GPB 50.000 – 80.000 angeboten und damit erneut unter der Meldegrenze von € 150.000 für Staaten außerhalb der EU. Zu diesem Zeitpunkt fand das Gemälde schließlich einen Käufer und zwar bei mageren GPB 63.000.

Auch wurden bei der Auktion nicht nur ein sondern gleich zwei Cignani aus bückeburgischem Besitz verkauft. Zusammen mit der „Büßenden Maria Magdalena“ sind dies gleich zwei der wichtigsten Werke des Künstlers, die für Deutschland verloren gegangen sind.

Fazit

Die Privatsammlung der Grafen von Schaumburg – Lippe ist nicht erst seit gestern bekannt.  Sie wurde schon mit der des Schlosses Pommersfelden verglichen, welche sich ebenfalls in Privatbesitz befindet und auch vor über 300 Jahren angelegt wurde. Diese Sammlung befindet sich allerdings en bloc unter Kulturgüterschutz.

Es muss daher schon Erstaunen, daß die Kunstsammlung in Bückeburg nicht schon längst in einer Liste der zu schützenden Kulturgüter eingetragen war. Kurioserweise ist nämlich die Schloßkapelle auf der Liste nationalen Kulturgutes verzeichnet.

Verstehen Sie mich nicht falsch: Jeder soll mit seinem Privatbesitz machen was er will – das heißt diesen auch verkaufen. Wie hätten ansonsten auch unsere großartigen Museen mit Ihren öffentlichen Sammlungen entstehen können?

Doch wenn es sich um ein Bild handelt, welches aus der Literatur seit Jahrhunderten schon bekannt ist, auf Ausstellungen zu sehen war, und ein Anker in der Datierung der Werke von Carlo Cignani ist, dann ist zumindest die Frage erlaubt warum der Deutsche Staat darauf nicht aufmerksam geworden und als Käufer eingesprungen ist. Zumal der Bund immer wieder Zuschüsse zur Sanierung von Schloß Bückeburg bereitstellt und somit dessen kulturhistorische Bedeutung damit immer wieder unterstreicht. (2)

Obgleich Carlo Cignani vielleicht nicht der bekannteste aller italienischen Barock-Künstler war und ist: beim Erwerb des Bildes durch das Hause Bückeburg 1685 war er ein Star. Schade, daß man einen Klassiker wie ihn nicht ehrt.