Man kann sich immer wieder darüber wundern mit was für „blumigen“ Beschreibungen man ein Bild an den Mann bzw. die Frau bringen möchte. Dabei kommen Formulierungen heraus, die man so nicht stehen lassen kann, da sie falsch sind. Wie etwa beim Auktionshaus von Brühl und dessen am 11. Dezember 2020 abgehaltenen Auktion. Hier die Beschreibung des Bildes:

 

Bild: Auktionshaus von Brühl, Stuttgart

 

 

Zugeschrieben Erasmus II Quellinus, Salomon und die Königin von Saba, Öl Auf Leinwand, 17. Jh.
Salomon und die Königin von Saba. Wohl gemalt von Erasmus II Quellinus (1607 – 1678),
Schüler von Peter Paul Rubens (1577 – 1640), flämischer Maler und Kupferstecher.
Das monumentale Sakralgemälde in Öl auf Leinwand überzeugt durch seine meisterliche
Oberflächenwiedergabe. Eine Beteiligung der Arbeit von Peter Paul Rubens ist in diesem
Zuge nicht auszuschließen und bedarf weiterer Untersuchungen.

 

 

Als allererstes sei eine Frage erlaubt: was versteht man eigentlich unter einer „meisterlichen Oberflächenwiedergabe“? Heißt das, daß der Firnis auf das Bild meisterlich aufgetragen wurde und jetzt die Oberfläche ziert? Oder hat sich womöglich der Oberflächenschmutz meisterlich auf dem Gemälde verteilt? Wohl eher nicht. Was ich verstanden hätte, wenn man von einer meisterlichen Pinselführung, einer meisterlichen Malweise oder ähnlichem gesprochen hätte. Aber diese Formulierung ist wie ein spiegelglatte Oberfläche bei der man beim Formulieren meisterlich ausgerutscht ist.

 

Doch das ist noch nicht alles. Richtig nichtssagend ist die folgende Formulierung: „Eine Beteiligung der Arbeit von Peter Paul Rubens ist in diesem Zuge nicht auszuschließen und bedarf der weiteren Untersuchung.“ Zunächst ist festzustellen, daß es kein vollständiger Satz ist. So fehlt die Präposition „an“ um das ganze vollständig zu machen, so daß der Satz lautet: „Eine Beteiligung an der Arbeit von Peter Paul Rubens ist in diesem Zuge nicht auszuschließen und bedarf der weiteren Untersuchung.“ Und das ist tatsächlich eine gute Frage, denn es würde mich schon interessieren, ob Rubens in einem Schnellzug oder in einem Bummelzug gearbeitet hat. Oder hat vielleicht gar nicht in sondern an einem Zug gearbeitet? Jedenfalls bin ich doch arg überrascht, daß es in der Rubenszeit überhaupt Züge gegeben hat. Oder gab es diese etwa doch schon im 17.Jh. und ich bin nur „fake news“ aufgesessen?

 

Aber einmal Spaß beiseite. Der Katalogtext suggeriert uns, daß Rubens an dem Bild mitgearbeitet haben könnte weswegen das Bild nur Quellinus „zugeschrieben“ ist, sprich: während Quellinus die Hände malte, malte Rubens die Gewänder. Eine Gemeinschaftsproduktion auf Du und Du sozusagen.

 

Das bringt uns zu der nächsten Frage, wer Erasmus Quellinus überhaupt war und wie man überhaupt auf den Gedanken einer Gemeinschaftsarbeit kommen konnte. Gesichert ist, daß Erasmus Quellinus 1634 in die St. Lukasgilde in Antwerpen aufgenommen wurde. Aufgenommen wurde man nur als Meister, also als voll ausgebildeter Maler. Wer ihn ausgebildet hat ist nicht bekannt. Bekannt aber ist, daß er im selben Jahr für Peter Paul Rubens zu arbeiten beginnt und in dessen Werkstatt eintritt. Als Profi ist er unter anderem dafür zuständig Vorlagen von Rubens in Stiche umzusetzten. Dabei wird ihm ein großer Grad an Eigenständigkeit zugestanden.

 

Aber auch als Maler ist er aktiv. Etwa wenn es darum geht Großaufträge künstlerisch umzusetzten. So wird Rubens von König Philipp von Spanien beauftragt dessen Jagdschloss Torre de la Prada mit über 100 Gemälden auszustatten. Natürlich kann man sich jetzt fragen, wozu man ausgerechnet in seinem Jagdhaus von Bildern umgeben sein muß, insbesondere wenn es denn auch ein paar Geweihe getan hätten, doch spricht es durchaus für Seine Majestät auch beim sportlichen Vergnügen nicht auf ein Minimum an Bildung zu verzichten.

 

Sei es wie es sei: Der Auftrag wird innerhalb von einandhalb Jahren ausgeführt; unmöglich für Rubens alle Bilder selber zu malen geschweige denn an alle persönlich Hand anzulegen. Wozu hat man denn schließlich eine hoch spezialisierte und leistungsfähige Werkstatt? Und so liefert Rubens die Vorlagen welche Quellinus und andere schließlich in Malerei umsetzen.

 

Die Kunstgeschiche wäre allerdings nicht die Kunstgeschichte, wenn sie sich nicht immer selbst in Versuchung geführt hätte tatsächlich eine Coproduktion nachzuweisen. Dabei spreche ich nicht von dem Korrigieren einer Hand- oder Fußhaltung einer Figur sondern von der Ausführung ganzer Partien eines Gemäldes, die sich auch stilistisch voneinander unterscheiden lassen. Dafür wurden auch immer wieder Bilder als Kandidaten benannt, denn wer möchte nicht einen „unbekannten“ Rubens entdecken. Das Problem dabei ist, daß diese „Entdeckungen“ sich bisher über kurz oder lang nicht haben durchsetzten können. Es bleibt somit bei purer Spekulation, was uns wieder zu unserem Bild bringt, denn das Wort „zugeschrieben“, was bei der Losbeschreibung an aller erster Stelle steht, sagt ja schon aus, daß man sich nicht sicher ist, was man da eigentlich vor sich hat.

 

Der Ausdruck „zugeschrieben“ wird gewöhnlich dann verwendet, wenn man Zweifel an der Autorenschaft eines Bildes hat, nicht richtig weiß, was man damit anfangen soll und sich nicht richtig festlegen will. Was uns der Text des Auktionshaus nämlich verschweigt ist, daß es zu dem Bild „Salomon und die Königin von Saba“ ein Vorbild gibt und zwar eines, daß mit Erasmus Quellinus signiert ist. Das Bild wird in der Sammlung des Fürsten von und zu Lichtenstein aufbewahrt und zwar schon seit mindestens über 200 Jahren. Hier der Link zur Seite der Fürstlichen Sammlung des Hauses Lichtenstein.

 

Mit einer Signatur sagt ein Künstler gemein hin: Das habe ich mir ausgedacht und gemalt und kein anderer. Seht her, das bin ich. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Bild außergwöhnlich gut gelungen ist.

 

Erschwerend kommt noch hinzu, daß das Bild allgemein hin 1650 datiert wird. Und da war Rubens schon 10 Jahre lang tot und Quellinus damit schon längst als eigenständiger Unternehmer tätig. Damit bedarf es also dann auch nicht einer „weiteren Untersuchung“, denn Rubens hat mit dem Bild nichts und wirklich rein gar nichts zu tun. Selbst eine entferne Verwandschaft vermittelt durch eine Zeichnung von der Hand Rubens ist nicht überliefert. Quellinus musste hier schon selbst ran.

 

Kommen wir also zum Fazit: Wer auch immer die Beschreibung verfasste, spielte mit der Hoffnung und des Käufers mit dem Bild ein Stück Rubens zu erwerben. Ein vorsichtig agierendes Auktionshaus hätte auf das Vorbild hingewiesen und zumindest die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass es sich um eine Kopie nach dem Vorbild von Erasmus Quellinus handeln könnte. Aber das hat man unterlassen. Leider; das Bild hätte mehr verdient.