Das Auktionshaus Kiefer in Pforzheim ist auf Bücher und alte Drucke spezialisiert. Es gehört sozusagen nicht zum „Kerngeschäft“ des Auktionshauses Bilder zu verkaufen.  Kein Wunder, daß da dann auch mal etwas schief gehen kann. Allerdings hat man sich bei folgendem Bild dann doch etwas arg daneben gegriffen, welches in der kommenden 115 Auktion angeboten wird:

 

Bild: Auktionshaus Kiefer

 

Flämischer Meister der Spätgotik

(Ende 15./Anfang 16.Jh.). Die bekrönte Muttergottes, auf ihrem Schoß das Jesuskind haltend, vor einem höfischen Garten mit früchtetragendem Obstbaum. Tempera auf Holztafel über Gipskreidegrundierung, tls. mit Goldfarbe gehöht. Die Nimben und der blaue Mantelumhang stellenw. punziert. 59 x 39 cm.

 

Zweifelsohne haben wir ein schönes Bild vor uns, nur ist es weder aus Flandern noch ist es im 15. Jh. entstanden.

 

Ein Hintergrund mit einer Ebene, die in eine hügelige Landschaft und Berge übergeht, ein aufgehängter Teppich als Hintergrundsfolie, der links und rechts einen Blick auf die Landschaft zulässt; davor eine Bank aus weißem Marmor auf dem die Madonna mit dem Kind sitzt. Eigentlich sollte man da schon von selbst auf Venedig kommen, denn noch „typischer venezianisch“ kann es kaum noch werden. Allerdings hat der Maler eine Generation vor Giovanni Bellini gelebt, so daß man wohl deswegen nicht gleich darauf gekommen ist.

 

Carlo Crivelli heißt der Autor des Bildes, nur leider hat er es nicht gemalt. Schade, denn Crivelli ist eine der ungewöhnlichsten Maler des 15. Jh. Es ist „nur“ eine Kopie der Haupttafel eines mehrteiligen Altarwerkes, das in der Kathedrale von Ascoli Piceno, der Hauptstadt der Provinz Marken, aufbewahrt wird.

Bild: Wikipedia commons

Allerdings hat sich der Kopist einige Freiheiten herausgenommen. Der Apfel, den das Kind hält ist rot statt grün und auf eine aufwändige Thronarchitektur hat er gleich ganz verzichtet. Dem ist auch das entzückende Früchtestilleben über dem Kopf der Madonna zum Opfer gefallen. Einfach hat er es sich auch beim Hintergrund gemacht: Dieser ist im Original vergoldet und dann mit ornamentalen Mustern versehen worden, die eingraviert wurden. Stattdessen gibt es jetzt eine Landschaft à la Giovanni Bellini. Hätte der Kopist dann auch noch die Signatur belassen, die sich am Unterrand befindet und lautet: „OPVS KAROLI CRIVELLI VENETI 1473“, dann bin ich sicher, hätte man auch beim Auktionshaus Kiefer auf einen unbekannten Kopisten des 19. Jh. gesetzt.

 

Der Preis von 4.500 € scheint für eine aufwendig gestaltete Kopie (Holztafel, Kreidegrund, punzierter Heiligenschein) durchaus gerechtfertigt, denn solch ein Bild konnte nur ein Profi mit jahrelanger Erfahrung herstellen. Ungeschickt ist es nur, wenn man das Bild im guten Glauben als ein Original kauft und hinterher feststellen muß, daß man kein unbekanntes Meisterwerk erworben hat. Also, Augen auf beim Bilderkauf! Oder sich vorher beraten lassen!