Bild: Loeckx-Auktionen, Gent

 

Anonymous (Antwerp school, 17th century): painting (o/p) ‚The Holy Family, Lot 277

 

Obwohl folgendes Bild als „Anonym“ auf der vergangenen Auktion (14.09.) von Loeckx in Gent angeboten wurde, hat man es trotzdem nicht unterlassen einen kleinen Hinweis zu geben wer wohl der Autor dieses Bildes sein könnte und so wird das Bild im Kleingedrucktem dem flämischen Maler Otto von Ween zugeschrieben.

 

Otto von Ween gilt als Lehrmeister von Peter Paul Rubens bevor dieser nach Italien ging. Auf den ersten Blick könnte man das dann auch fast glauben, denn das Bild hat etwas altmeisterliches an sich. Der Hintergrund mit den in der Luft fliegenden Vögeln erinnert an Joos de Momper (1564 – 1635) und die Häuser, die um eine burgartige Anlage gruppiert sind, lassen Assoziationen mit Jan Breughel dem Jüngeren (1564 – 1638) aufkommen. Das würde ja dann auch irgendwie zu Otto von Ween (1556 – 1629) passen, der mit ganzfigurigen Personenstaffagen in Landschaften gearbeitet hat. Als Mariendarstellung passt das Bild auch hervorragend in das katholische Flandern, so daß ja eigentlich alles dafür sprechen könnte. Allerdings hat das Auktionshaus zu Recht nicht dieser Zuschreibung geglaubt und dazu muß man sich nur einmal den Kopf des hl. Joseph anschauen, der so gar nicht zu dem Bild passen mag:

Bild: Loeckx-Auktionen, Gent

 

 

Wie wir sehen ist der Kopf mit viel „gröberen“ Strichen gemalt worden und wirkt mehr pastos als die doch sehr auf eine glatte Oberfläche angelegte Madonna und das Kind. Die Behandlung von Licht und Schatten wirkt viel natürlicher, der Kopf des Heiligen ist wesentich mehr „charakterisiert“ als das bei den anderen zwei Figuren der Fall ist. Ein sympatischer, älterer Herr eben. Eine derartige Arbeitsweise würde man eher von einer Generation nach Otto von Ween, also zur Zeit Rubens, erwarten.

Fast sieht es so aus, als ob hier ein anderer Maler tätig geworden ist um diesen Kopf bzw. die Figur des Heilgen einzufügen. Haben hier Rubens und Otto von Ween vielleicht zusammengearbeitet? Immerhin gilt ja von Ween als erster Lehrer Rubens; hätte man hier nicht einen Hinweis auf die zwei gefunden?

Zwar ist es in der niederländischen Malerei Gang und gäbe, daß zwei Maler sich an einem Bild beteiligen, doch wird dann eher eine Unterscheidung getroffen: Einer malt die Blumen oder die Landschaft, der andere die Figuren. Es ist eher ungewöhnlich, wenn gleich zwei Maler sich auf ein Thema- in diesem Falle die Figur –  im gleichen Bild stürzen würden.

 

Um bei dem Dilemma ein wenig Klarheit zu schaffen, ist es immer gut, wenn man einen Vergleich anbieten kann, der einem Hinweise bieten kann. Und hier ist er:

 

Bild: Städtische Wessenberg-Galerie, Konstanz

 

 

Das Bild wird im Städtischen Wessenberg-Galerie in Konstanz aufbewahrt und der Werkstatt des Peter Paul Rubens zugeschrieben, doch passt diese glatte Oberflächenbehandlung und das geschniegelte Jesuskind nicht zu einem Rubens. Von Rubens würden wir eher ein kleines Dickerchen als Jesuskind erwarten aber nicht dieses hübsche Kind. Vor allem aber wird klar, daß es sich hier um eine Werkstattarbeit handelt und nicht um eine Kopie nach einem Vorbild. Ansonsten wäre der hl. Joseph nicht durch den hl. Johannes den Täufer ersetzt worden. Auch wäre wohl kaum eine Dreiviertelansicht gewählt worden, wenn man schon die ganze Madonna abbilden kann.

 

Die Arbeitsweise erinnert an Cornelis Schut, tätig in Antwerpen, wie man bei diesem im Dorotheum versteigerten Bild sehen kann:

https://www.hampel-auctions.com/img/auktionen/A81/b/Hampel-78010094.jpg

Bild: Auktionshaus Hampel, München

 

 

Anscheinend hat Schut sich gerne kompositorisch wiederholt oder zumindest Anlehung an ausgeführte Kompositionen genommen, denn das Christuskind im Schoße der Madonna und wie sie am Leintuch Christi zupft, sind doch arg ähnlich. Vor allem aber kann man auch hier einen Kontrast zwischen der eher mit einer recht „freien“ Pinselführung ausgeführten Maria Anna und ihrer Tochter Maria wahrnehmen. Aber wie genau die einzelnen stilistischen Partien des Bildes zusammenwirken, dazu  bedarf es „noch einiger Forschung“, um einen gern zitierten Satz in Auktionskatalogen aufzugreifen.